„Türkische Bohne“: Die Osmanische Kaffeekultur und ihr Einfluss auf Europa

Der Kaffee, wie wir ihn heute kennen, hat seinen Siegeszug um die Welt in großen Teilen der osmanischen Kaffeekultur zu verdanken. Seine Reise begann nicht in Europa, sondern im Nahen Osten, insbesondere im Osmanischen Reich, wo er ab dem 16. Jahrhundert zu einem integralen Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens wurde. Die Einführung von Kaffee in die europäische Kultur führte zu einem Wandel im sozialen Miteinander und trug zur Entstehung der Kaffeehäuser bei, die heute in vielen Ländern als Orte der Entspannung, des Austauschs und der Inspiration dienen. Doch wie genau gelangte der Kaffee nach Europa, und welche Rolle spielten die Osmanen dabei?

Die Anfänge der Kaffeekultur im Osmanischen Reich

Kaffee fand seinen Weg nach Istanbul, damals die Hauptstadt des mächtigen Osmanischen Reiches Mitte des 16. Jahrhunderts. Die Herkunft des Kaffees lässt sich auf die Region Äthiopiens zurückverfolgen, von wo er über den Jemen und die arabische Halbinsel nach Mekka und Kairo gelangte. Zwei Männer aus Syrien, Hakem aus Aleppo und Shams aus Damaskus, eröffneten 1554 das erste Kaffeehaus in Istanbul. Diese frühen Kaffeehäuser – auf Türkisch Kahvehane genannt, wurden schnell zu beliebten Treffpunkten für Männer aller Gesellschaftsschichten.

In diesen Kahvehane wurde nicht nur Kaffee serviert; sie waren Orte des sozialen Austauschs und der intellektuellen Debatte. Dichter, Künstler, Gelehrte und Staatsmänner trafen sich hier, um über Politik, Religion und Kunst zu diskutieren. Diese Kaffeehäuser gewannen in kürzester Zeit an Popularität, und Kaffee wurde bald als „Schule des Wissens“ bezeichnet. Die osmanischen Kaffeehäuser dienten als Plattform für den Austausch von Ideen und prägten die kulturelle Landschaft des Osmanischen Reiches.

Kaffee im Osmanischen Hof

Auch am osmanischen Hof war Kaffee von großer Bedeutung. Der Kaffee wurde in prächtigen Zeremonien serviert, besonders bei offiziellen Anlässen und Besuchen von Diplomaten. Der Kahvecibaşı, der Chef der königlichen Kaffeeküche, war ein hoch angesehener Beamter, der dafür verantwortlich war, den Kaffee für den Sultan und seine Gäste zuzubereiten. Diese Zeremonien wurden zu einem Symbol der osmanischen Gastfreundschaft und des Reichtums des Hofes.

Die Verbreitung des Kaffees nach Europa

Der Kaffee gelangte schließlich über die Handelsbeziehungen und militärischen Konflikte des Osmanischen Reiches nach Europa. Händler und Diplomaten brachten ihn aus dem Nahen Osten mit nach Venedig, und von dort aus verbreitete sich das Getränk schnell in andere Teile des Kontinents. Vor allem durch den regen Handel mit dem Osmanischen Reich wurde Kaffee zu einer begehrten Ware in europäischen Hafenstädten.

Interessanterweise wurde der Kaffee im Mittelalter von vielen Europäern als „Türkische Bohne“ bezeichnet. Dies lag vor allem daran, dass die ersten Europäer, die mit Kaffee in Kontakt kamen, diesen durch osmanische Händler kennenlernten. Der Name „Türkische Bohne“ bezeugt die enge Verbindung zwischen der osmanischen Kaffeekultur und der Einführung des Getränks in Europa.

Die Entstehung der Kaffeehäuser in Europa

Das Gemälde mit dem Titel *Blaue Flaschen*, dessen Künstler der Österreichische Maler Franz Schams [1824-1883] ist, ist nur eines der Werke, das die Beziehung zwischen Kaffee, Kaffeehäusern und den Türken in Wien zeigt. Heute wird angenommen, dass die Person im Bild mit Fez, die ein Tablett mit einer Kaffeekanne und einer Kaffeetasse in der Hand trägt, Georg Franz Kolschitzky ist. Innerhalb des Kaffeehauses gibt es viele Kunden, die lebhaft miteinander plaudern. Über der auf Deutsch geschriebenen Aufschrift „Zu den blauen Flaschen“ hinter dem Kronleuchter ist eine blaue Flasche zu sehen, die eines der Symbole dieses Ladens, in dem Kaffee verkauft wurde, darstellt.

In Venedig eröffnete 1647 das erste europäische Kaffeehaus, und bald darauf folgten Städte wie Paris, London und Wien. Diese Kaffeehäuser übernahmen die soziale Rolle, die sie bereits im Osmanischen Reich hatten, und entwickelten sich zu Treffpunkten für Intellektuelle, Künstler und Politiker. Besonders in Paris und Wien wurden die Kaffeehäuser zu Zentren der Aufklärung, in denen Philosophen wie Voltaire und Rousseau regelmäßig verkehrten.

Eine oft erzählte Legende besagt, dass die Wiener während der Zweiten Belagerung Wiens 1683 die zurückgelassenen Kaffeebohnen der Osmanen fanden und dadurch den Kaffee entdeckten. Obwohl diese Geschichte historisch umstritten ist, zeigt sie doch die enge Verknüpfung des Kaffees mit der osmanischen Kultur in den Köpfen der Europäer.

Kaffee als Brücke zwischen Kulturen

Kaffee war nicht nur ein Getränk er wurde zu einem Symbol der osmanischen Kultur und Gastfreundschaft. Die Zubereitung des traditionellen türkischen Kaffees, der bis heute in einem kleinen Kupferkessel, dem Cezve, zubereitet wird, ist ein jahrhundertealtes Ritual, das bis in die Gegenwart überlebt hat. Dieses Ritual und die damit verbundene Etikette wurden mit dem Kaffee selbst nach Europa exportiert und beeinflussten die Entstehung europäischer Kaffeekulturen.

 

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